Im Bankensektor prallen immer wieder Wunsch und Wirklichkeit aufeinander. In Sachen IT ist die Situation besonders heikel: Man will bestmöglichen Service liefern, kann dem aber aufgrund mangelnder Umsetzungskraft kaum noch gerecht werden. Und es scheitert entgegen der Klischees nicht zwingend am fehlenden Innovationsgeist in den Banken. Kernproblem sind oftmals völlig veraltete, unbewegliche (oder unterbesetzte) IT-Strukturen, die nicht die nötigen PS auf die Straße bringen, um Neuerungen wirkungsvoll umzusetzen. Die Lösung des Dilemmas ist einfach wie genial: Anstatt radikal das Bestandssystem über den Haufen zu werfen, können Banken durch intelligentes Zusammenführen und Erweitern von Prozessen den entscheidenden Schritt in Richtung alter Form und neuer Performance-Höchstleistungen machen.
(Erschienen auf it-finanzmagazin.de am 23.04.21) Finanzinstitute stehen vor der Herausforderung, immer komplexere Systemlandschaften zu betreiben und gleichzeitig immer schnellere Umsetzungs- und Bearbeitungszeiten leisten zu müssen. Die über Jahrzehnte gewachsenen IT-Landschaften stehen dem entgegen:
„Behäbige, teilweise stark fehleranfällige Konstrukte, zusammengeklöppelt aus einer Vielzahl von Systemen, zwischen denen keine oder nur eingeschränkt Schnittstellen zum Datenaustausch bestehen.“
In der Konsequenz müssen im Frontend Mitarbeiter zwischen verschiedenen Systemen wechseln und manuell Daten von einem System ins andere übertragen. Das ist nicht nur zeitaufwändig, sondern auch anfällig für Fehler. Robotics als Heilsbringer überholt sich langsam selbst und der Wunsch nach einer Lösung mit Bestand gewinnt zusehends Fürsprecher.
Optimierung in der IT: Kleckern oder Klotzen?
Die Herausforderungen werden immer größer, der Druck von Kundenseite riesig. Vor diesem Hintergrund müssen sich Banken Ziele setzen, die zu neuer Leistungsfähigkeit führen. Das bedeutet konkret:
Effizienz schlägt Sexyness
Um diese Ziele zu erreichen, gilt es, im Rahmen einer Neustrukturierung bzw. eines Generalüberholungsprojekts die passende Lösung für die vorhandene IT-Landschaft zu wählen.
„Intelligente Software passt sich den Gegebenheiten nicht nur individuell an, sondern bündelt außerdem an einer Stelle Dunkelverarbeitung, Prozesssteuerung sowie Taskmanagement und präsentiert sich dem User im Frontend in Form eines integrierten digitalen Arbeitsplatzes inklusive Einbindung der Dokumenten-Management-Systemlandschaft.“
Wiederkehrende Aufgaben werden automatisiert und das Personal entlastet, um Freiräume für Aufgaben zu schaffen, die menschliche Entscheidungskompetenzen benötigen und kein reines Abarbeiten kleiner Tasks bedeuten. Den Startpunkt eines solchen Projekts bilden aber immer die vor Ort identifizierte Ausgangslage, die vorhandenen Strukturen und die Anforderungen an die zukünftige IT-Architektur.
Bei der Umsetzung des Projekts kann dann beispielsweise ein besonderer Fokus darauf liegen, eine möglichst hohe Integration zu bestehenden SAP-Systemen zu schaffen, die unter anderem den Darlehensbestand (SAP FS-CML) und die Geschäftspartnerdaten (SAP BP) verwalten. Eine neue Software sollte in diesem Beispiel nicht nur SAP-kompatibel sein, sondern eine Symbiose bilden. Nur so kann echter Mehrwert und damit eine eindeutige Verbesserung geschaffen werden. In diesem beispielhaften Fall würde es sich entsprechend empfehlen, neue Applikationen direkt auf der SAP Cloud-Plattform zu installieren und einen ersten Schritt auf die absehbare Migration in die S/4HANA-Welt zu gehen. Durch die vorhandenen Schnittstellen und den SAP Cloud Connector kann die Software komfortabel und ohne großen Aufwand mit Hilfe von OData-Services in die bestehende System- und Datenlandschaft integriert werden.
Gezielt optimieren bedeutet, an den richtigen Stellschrauben drehen
Sobald die Rahmenbedingungen für ein Projekt feststehen, sollte zunächst ein Produkt, etwa die Abwicklung einer gewerblichen Finanzierung, als MVP ausgewählt werden, das komplett auf die neue Plattform migriert wird. Alle Schritte der Antragsbearbeitung von den Antrags-Frontends über die Entscheidung basierend auf internen und externen Scores und die Auszahlung bis hin zu den bestandsführenden Prozessen müssen dann über die neue Plattform erfolgen.
„Für eine erfolgreiche Umsetzung sollte hierfür ein interdisziplinäres Team eingesetzt werden, das sich aus Business Analysten, Experten aus dem Fachbereich sowie internen Entwicklern (SAP/JAVA) und Experten der externen Plattform zusammensetzt.“
Nur so kann gewährleistet werden, dass kein Teilaspekt bei der Umstellung übersehen und die verschiedenen Prozesse, Schnittstellen und Oberflächen funktional umgesetzt werden.
Was leider häufig direkt zu Beginn für ein Knirschen im Getriebe sorgt, ist die Dokumentation der bestehenden Prozesse, die oft schlichtweg nicht vorhanden, maßlos veraltet oder in der Theorie des Prozesshandbuches gefangen ist. In so einem Fall muss der Neustrukturierung eine Analyse der Bestandsprozesse vorangestellt werden. Diese erfolgt bestenfalls in mehreren Workshops, in deren Rahmen die beteiligten Fachabteilungen gemeinsam analysieren und festlegen, wo sinnvoll am Ist-Zustand angeknüpft werden kann. Der Komplexität der Prozesse, der Aufnahme der fachübergreifenden Anforderungen und der mühsamen Zusammenarbeit in Remote-Workshops begegnet man dabei methodisch idealerweise mit einem mehrstufigen Ansatz und kurzen Sitzungen. Auf diese Weise werden Prozesse von einigen wenigen Knoten bis hin zum letzten Detailgrad und hoher Wiederverwendbarkeit spezifiziert.
Auf intelligente Prozesse kommt es an
Die Ergebnisse der Analyse können im Anschluss in die Modellierungssprache BPMN (Business Process Model and Notation) überführt werden, damit sie von der Prozess-Engine gelesen und ausgeführt werden können. An dieser Stelle sollte sorgfältig darauf geachtet werden, keine neuen Fallstricke zu schaffen: Bei der Konzeption der Prozesse müssen unbedingt zusammenhängende Prozessschritte identifiziert, in Subprozesse geordnet und so gestaltet werden, dass sie generisch nutzbar sind. So entsteht im Laufe des Prozesses eine Bibliothek an Referenzprozessen, die wiederverwendet werden können. Auf diese Weise wird der Aufwand bei der Umstellung alter bzw. der Einführung neuer Produkte maßgeblich reduziert.
Schnittstellen perfekt anbinden für hohe Effizienz
Eine andere technische Aufgabe besteht je nach Ausgangslage darin, die verschiedenen internen und externen Schnittstellen anzubinden. Hauptaugenmerk kann hierbei, um bei dem anfänglichen Beispiel der SAP-Integration zu bleiben, unter anderem auf den bestandsführenden SAP-Systemen wie SAP BP, SAP FS-CML und SAP TRBK liegen. Zielsetzung ist in diesem Fall, alle Schnittstellen individuell in einem vorgegebenen Zeitraum zügig umzusetzen bzw. bestehende Schnittstellen zu nutzen und in die Prozesse zu integrieren. Auf SAP-Seite können dafür Standard-Schnittstellen genutzt werden, die Out-of-the-Box ausgeliefert werden.
„Die neue Software-Lösung sollte in der Lage sein, diese möglichst reibungslos zu integrieren.“
Die Integration erfolgt dabei via einzelner Java-Klassen, die innerhalb der Prozesse, der zentralen Konfiguration oder dem digitalen Arbeitsplatz für die notwendige Datenversorgung sorgen. Der Prozess wird durch ihren Einsatz deutlich beschleunigt.
Neben Prozessen und Schnittstellen steht für den Anwender in der Bank der digitale Arbeitsplatz im Fokus. Er ist Dreh- und Angelpunkt für die optimierten Prozesse und sorgt im Idealfall auf der Anwenderseite für eine schnelle und irritationsfreie Umstellung. Die Benutzeroberfläche, also das Cockpit, führt alle relevanten Informationen an einer zentralen Stelle zusammen und stellt sie dem Anwender innerhalb eines nutzerfreundlichen Frontends zur Verfügung. Die Oberfläche muss dabei nicht eigens programmiert und von Grund auf gestaltet werden, sondern wird je nach Umfang der gewählten Softwarelösung ohne Mehraufwand direkt ausgeliefert und kann optisch individuell auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse angepasst werden. Dabei werden Datenfelder, Dokumente, Formulare zur Abarbeitung von Benutzeraufgaben, sogenannten Usertasks, Checklisten bis hin zu komplexen Vertragserstellungstools mittels grafischer Oberflächen konfiguriert.
Optimierung in der IT: Kleckern UND Klotzen
Unabhängig von den Startbedingungen innerhalb einer Bank gilt:
„Elegante Lösungen müssen her. Anstatt vor lauter Angst davor, bei Null anfangen zu müssen, die Misere einfach auszusitzen, lohnt sich der Blick in den Markt.“
In Zusammenarbeit mit dem richtigen Umsetzungspartner, also einer Beratung und einem Software-Experten, findet sich auch für altbackene IT-Landschaften die passende Lösung. Low-Code-Plattformen, die sich auf den Bankmarkt spezialisiert haben und umfangreichen Businesscontent gleich mitliefern, bieten Finanzinstituten dabei einen entscheidenden Mehrwert gegenüber branchenagnostischen Lösungen.
Stillstand ist für die Finanzinstitute längst keine Option mehr, dafür ist die Konkurrenz am Markt zu groß. Banken müssen ihre inner Workings optimieren, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Das erreichen sie, indem sie so viele Prozesse wie möglich automatisieren und personelle Ressourcen für beschleunigtes Wachstum und innovative Produkte frei machen.
Den Originalartikel und weitere interessante Informationen finden Sie unter:
https://www.it-finanzmagazin.de/prozesse-bremsende-legacy-systeme-119854/